Schwarz, Weiß und feingraue Zwischentöne sind die Farben des Dachauer Zeichners Florian Marschall. Der Dachauer Künstler schafft seine Tuschbilder aus Tausenden übereinandergelegten Strichen in unterschiedlicher Intensität und erfasst in dieser „farblosen“ Kunst das Wesentliche eines Objektes oder Körpers: Plastizität, Stofflichkeit, Licht und Schatten.

Florian Marschall arbeitet bevorzugt in Zyklen, die ihn immer wieder zu neuen thematischen Serien führen.



Katastrophenalbum

in der kleinen Altstadtgalerie














Eröffnung

am Sonntag, 07.10.2011 um 15 Uhr

Öffnungszeiten:
Donnerstag 18 - 21 Uhr • Freitag 18 - 20 Uhr • Sonntag 14 - 16 Uhr
Die Ausstellung ist zu sehen von 07.10. - 28.10.2012

Alter Metzgerhof
Burgfriedenstr. 3

in der Presse










Aus der Eröffnungsrede von Frau Dr. Bärbel Schäfer

... Florian Marschall ist in Frank und Sabines Galerie ein gern gesehener Gast, hat schon öfter hier ausgestellt, unter anderem mit einer Serie von Tuschzeichnungen, die sich mit Dachaus Vergangenheit als Ort eines Konzentrationslagers und dem dazugehörigen „Kräutergarten“ beschäftigen.
Heute nehmen wir Teil an einem persönlichen Tagebuch, dem „Katastrophenalbum“, das aus einer privaten Krise heraus entstanden ist.
Jeder hat so eine Situation schon einmal durchlebt: Eine Beziehung ist gescheitert, man wird abserviert, in die Wüste geschickt, ist zutiefst verletzt. Der einstige Märchenprinz entlarvt sich als Mistkerl, die Traumfrau als Zicke.
 Jeder reagiert auf solche Verletzungen anders, die damit verknüpften Klischees kennen wir zur Genüge: Männer spülen am Bartresen ihre Enttäuschung hinunter, ziehen mit Sack und Pack ins Büro und trösten sich mit einer Anderen, nur um der Ex eins auszuwischen.
Frauen weinen sich bei der Mutter aus und schmieden mit der besten Freundin einen Plan aus, wie sie dem Mistkerl das Leben zur Hölle machen können. Die Kreativität in puncto Rachegedanken kennt keine Grenzen, es gibt bei Amazon sogar Ratgeber dazu (25 ultimative Rachetipps).
 Was aber geht wirklich in uns vor? Wie tief geht denn der Schmerz tatsächlich?
 Florian Marschall hat diese starken, existenziellen Gefühle in kleine, zarte, fast beiläufige Zeichnungen gefasst. Ihm ist nicht nach quatschen, trinken oder kindischer Rache zumute. Als Künstler zeichnet er sich die Verwundungen von der Seele - in Tusche, seit Jahren sein bevorzugtes Medium, und in Bleistift. Mit dieser Technik ist er, in der Krise, zu seinen eigentlichen Wurzeln zurückgekehrt.
 Die Zeichnung ist das älteste künstlerische Medium. Sie erfordert großes Können, gleichzeitig ist sie aber auch unspektakulär, weil sie sich effektvoller Kunstmoden entzieht. Sie erlaubt einen direkten Blick auf den künstlerischen Schöpfungsprozess, ist ehrlich und unverschleiert.
 Wie wir alle wissen, hat Florian Marschall in dieser „farblosen“ Kunst zu einem unverwechselbaren Stil gefunden. Er zeichnet nicht das Sichtbare, sondern erfasst das Wesentliche durchs Weglassen, deutet an, weckt Vorstellungen, schafft durch inhaltliche Verknüpfungen innere Bilder.
Aus diesem Grund verzichtet er bei einem Großteil der Blätter auf Bildtitel.
 Das „Katastrophenalbum“ blättert sich wie ein Tagebuch der Emotionen vor unseren Augen auf. Es kündet von Gefühlszuständen und inneren Kämpfen, von Enttäuschung, Ohnmacht, Schmerz und Verzweiflung.
Ein männlicher Torso hat dort, wo sonst das Herz sitzt, ein großes schwarzes Loch. Oder der Brustkorb wird von einem viel zu engen Gurt abgeschnürt. Er fühlt sich eingeengt, kann nicht mehr atmen, das Lebenselixier Luft ist ihm entzogen.
 Oder der ganze Körper ist in Bandagen festgezurrt und - wie in einer Zwangsjacke - völlig bewegungsunfähig. In der Hand der Prinzessin platzt ein roter Luftballon, Herzblut spritzt heraus.
Dann wieder sehen wir einen viel zu großen Kopf, aufgebläht, übergroß und voll – mit Nichts. Eine leere Hülle, die im Vakuum schwebt. Wir spüren förmlich, wie sich alle Gedanken des Künstlers, alle Träume und Wünsche in Luft auflösen. Durch die angedeutete Augenpartie versucht er, mit der Außenwelt Kontakt zu halten und sich neu zu orientieren.
In der Vielfältigkeit der dargestellten Gefühlszustände kündet das Katastrophenalbum  - trotz aller Verzweiflung und Kränkung - von Überlebenswillen und sogar einer Spur Ironie, und sei es der sprichwörtliche Galgenhumor.
 Florian Marschall hat seine Krise überwunden, das Leben geht weiter: Mit dem kleinen grünen Frosch erwacht die Hoffnung. Er sitzt am unteren Bildrand, bereit zum Sprung ins neue Leben. ...